Neue Eleganz

Die Entwicklung des Dekonstruktivismus, oder auch „Die Neue Eleganz“ dem Stil unserer Zeit-

Geht man der Frage nach, warum wir so bauen wie jetzt, müssen wir etwa 200 Jahre zurückgehen. Die Zeit um 1800 wird in der Architekturgeschichte auch als technisches Zeitalter bezeichnet. Zu dieser Zeit breiteten sich die Polytechnischen Hochschulen in Europa aus, an denen Bauingenieure ausgebildet wurden. Während die Baumeister sich auf Erfahrungswissen beriefen, vertrauten die Ingenieure auf mathematische Berechnungen und theoretisches Wissen.  Mit dem Bau von technischen und industriellen Anlagen, bei denen es auf die Zweckmäßigkeit und funktionalen Bedürfnisse ankam, hatte diese Berufsgruppe schnell ihre Daseinsberechtigung gefunden.

Beispiele für diese Bauten sind der zur Weltausstellung 1851 in London  entstandene Crystal Palace (Größe von 540 x 140 m) aus Stahl und Glas sowie der Pariser Eifelturm (Höhe über 300 m) der für die Weltausstellung 1889 gebaut wurde. Ebenso Zahllose Brücken, Eisenbahnbrücken und Hallen in Eisenskelettbauweise.

Firmen, wie Joly Wittenberg, fertigten industriell Treppen in Kunstguss, Schmiedeeisen, Messing, Holz und Stein.

Die Form als Ergebnis der Funktion: oder „form follows function“ („FFF“),  wurde  1852 erstmals vom amerikanischen Bildhauer Horatio Greenough erwähnt. Der Bostoner Louis Henri Sullivan übersetzte „FFF“ sinngemäß in: „Die Form eines Gebäudes oder eines Gegenstandes leitet sich von seiner Funktion ab“. Mit diesem Slogan ging Sullivan in die Architektur und Designgeschichte ein und die Abkehr vom Historismus wurde eingeleitet.

In der Baugeschichte des deutschen Bauhauses wurde dieser Gestaltungsgrundsatz auch aufgenommen, nur mit dem „Verzicht auf jegliches Ornament.“ Mit den asymmetrisch kubischen, meist weiß verputzten und zusammengesetzten Gebäuden wurde der Stil der „Neuen Sachlichkeit“ eingeleitet. Neben dieser Geradlinigkeit gab es auch eine expressionistische Entwicklung mit runden Formen. Diese bis dahin fließende Entwicklung wurde durch den zweiten Weltkrieg und die daraus in der Nachkriegszeit resultierende zweckmäßige Massenbauweise unterbrochen.

Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahren wurde man des seelenlosen Baustils überdrüssig und die Postmoderne, oder im Volksmund auch Nostalgiewelle genannt, war der neue Baustil.

In den 1990er Jahren kam die Abkehr vom überflüssigen Dekor und die Rückbesinnung auf das Wesentliche.

 

Dekonstruktivismus

Der französische Philosoph Jacques Derrida (1930-2004), der als Begründer und Hauptvertreter der Dekonstruktion gilt, formuliert es so: Zwei Teile, die einander gegenüberstehen und einander ergänzen, bilden ein komplementäres Begriffspaar.

So kann man den Dekonstruktivismus auch als ein entgegenwirken der bestehenden Normalität beschreiben. In der Hightecharchitektur können verschiedene Materialien oder Komponenten obwohl sie vermeintlich nicht zueinander passen, zusammengesetzt werden und in der Komposition ein überraschend harmonisches Bild ergeben.

Mit dem Dekonstruktivismus (seit 1983) haben sich die Architekten  Zaha Hadid, Frank Owen Gehry, Coop Himmelb(l)au, Günter Behnisch, Daniel Libeskind,  oder die »Neue Eleganz« Tadao Ando befasst.

Tanzendes Haus von Prag                                                                                                                                           Das Bürogebäude mit fast 3 000 m² wurde in der Neustadt nahe des Moldauufers von 1994 bis 1996 errichtet. Entworfen vom kanadisch-amerikanischen Stararchitekt Frank O. Gehry, der sich schon länger mit der Stilrichtung des Dekonstruktivismus befasste, arbeitete in Kooperation mit dem tschechischen Architekten Vlado Milunić.                

Die Gebäudefront erinnert an das Tanzpaar Ginger & Fred. Die Tänzerin im gläsernen Faltenkleid (Bild links) schmiegt sich an einen Herrn mit Hut. Ginger Rogers und Fred Astaire erlangten mit ihren Tanzshows in den 1920er und 1930er Jahren Weltruhm und oft trat Fred Astaire auch mit Hut auf.

Der ehemalige Präsident der Tschechoslowakei, Václav Havel, unterstützte während seiner Amtszeit das Projekt.

Europäische Zentralbank in Frankfurt a.M.

Architekt: Wolf  D. Prix (Coop Himmelb(I)au

Das Gebäudeensemble besteht aus zwei polygonalen Zwillingstürmen im Hintergrund der ehemaligen Großmarkthalle aus dem Jahr 1928 sowie einem modernen Querriegel, der als Eingangsportal in die Großmarkthalle eingefügt wurde. Die Großmarkthalle hat eine Länge von 220 m, der Neubau hat eine Höhe von 201 m. Bauzeit: 2010 – 2014; Arbeitsplätze: 2 300; Baukosten: ca. 1,2 Mrd. EUR.

Die Haupttreppe in der Eingangshalle besteht aus Beton, der mit Terrazzo überzogen ist. Gesäumt wird die Treppe beidseitig von einem Wasserfall der mit einer Plane bedeckt ist, wodurch eine lebhafte Bewegung auf der Oberfläche entsteht. Die 4,50 m breite Treppe ist durch einen mittig verlaufenden Handlauf  unterteilt. Mit einem Steigungsverhältnis von 18/26 cm  lassen sich die 36 Stufen die durch ein Zwischenpodest (Ruhepodest) gut überwinden.

Mit dem Blick vom Treppenaustritt  auf die Treppe und die Umgebung lässt sich erkennen, dass man sich in der ehemaligen Großmarkthalle befindet. Die kleinkarierten Fenster linksseitig und die Höhe des Raumes weisen darauf hin.

In der oberen Ebene der ehemaligen Großmarkthalle befinden sich Konferenzräume. Der Treppenaufgang besteht aus Stufen in Sichtbeton mit einem Edelstahlstreifen von 8 cm als Wandanschluss.

Die Treppe besteht aus 36 Stufen mit einem Zwischenpodest nach 18 Steigungen. Steigungsverhältnis: 18/29 cm. Treppenbreite: 215 cm.

An diesem Modell ist der gesamte Gebäudekomplex mit den 3 Bauteilen gut erkennbar. In der ehemaligen Großmarkthalle befindet sich das Konferenzzentrum und der Restaurantbereich. Der Querriegel durch die Halle bildet den Eingangsbereich. In ihm ist auch der Pressekonferenzbereich untergebracht und die Verbindung zu den Büroräumen in dem Hochhauskomplex.

Ein Modell des Gebäudekomplexes

Das Hochhaus bestehend aus zwei schlanken Doppelbürotürmen die durch ein Atrium mit einander verbunden sind. In den vier Ebenen bestehen Verbindungen zu dem gegenüberstehenden Komplex sowie Ruhebereiche für die Mitarbeiter.

Mittelteil

Skyline von Frankfurt a. Main bei Dunkelheit
 

Der Mittelteil der beiden Gebäudehälften im 27. Stockwerk. In diesem Bereich befinden sich Versorgungsschächte, Aufzüge, Ruhebereiche mit Aussicht- Platons auf die Skyline von Frankfurt, Verstrebungen der beiden Gebäudeteile, Balkone zum Innenbereich.

Nottreppe

Die Planer des Neubaus haben den heutzutage zeitgemäßen Stil selbst bei den einfachen Nottreppen eingehalten. Der Handlauf hat im Bereich der Geschosse und Podeste horizontal zu verlaufen wie der Boden. Bei dem Treppenhaus der Großmarkthalle hatte man im Jahre 1928 noch keinen Wert auf  solch eine Linienführung gelegt.

Treppenhaus in der ehemaligen Großmarkthalle von 1928

Städel Museum Frankfurt a. M.

Das Gebäude wurde nach Plänen des Architekten Oskar Sommer im Stil Neorenaissance errichtet. Die neuerliche Erweiterung des Städels um 3 000 Quadratmeter wurde 2009 vorgenommen, in dem das Gartengelände unterkellert wurde. Die Gesamtfläche des Museums beträgt nun 8 000 m².

Architekten: Schneider + Schuhmacher Frankfurt a. M.

Bauzeit:  2009 – 2012

Material: Weißer Marmor

 

Stufen:     35

Steigung: 16 cm

Auftritt:    33 cm

Antritt:     360 cm breit

 

Austritt:    240 cm breit

Die Treppe hat die faszinierend Eigenschaft, bei dem Blick in die Tiefe vom EG zum Treppenantritt im Untergeschoß hat die Treppe eine gleich bleibende Breite. Steht man im Untergeschoß und blickt nach oben, so wirkt die Treppe einladend, da der Antritt breiter ist als der Austritt am oberen Ende.

Wohnhaus Treppen

Wohnhaustreppe

Geradläufige Wohnhaustreppe mit Eichenholzstufen, Nadelholzwangen und Stahlgeländer mit Eichenholzhandlauf.

Die Geländerfüllung besteht aus 8 mm dicken Rundstäben die diagonal gestreut sind. Ein Untergurt auf den Wangen in Form eines Flachstahles (40 x 8 mm) und die Handlaufunterseitige nehmen die Stäbe auf. Die Stabteilung hat kein System, sie sind frei nach Fantasie der Architektin und Hausherrin eingeteilt.

Der Handlauf von 60 x 40 mm ist in einer ovalen Form hergestellt. Das Eichenholz ist natur lackiert, die Wangen sind RAL 9010  lackiert und die Stahlteile wurden mit Eisenglimmer behandelt.

Wohnhaustreppe in gewundener Form. Die Innen- und Außenwangen bestehen aus 10 mm dicken Flachstahl, der im Boden und Decke verankert ist. Die Stahlbänder in der Geländerfüllung haben eine Dicke von 8 mm die Breite liegt zwischen 7 cm – 11 cm. Der Handlauf hat eine Dicke von 16 mm. Die Stahloberfläche ist mit Eisenglimmer behandelt. Die Eichenholzstufen stecken in einem Flacheisen, das mit der Wange verschweißt ist.

Die Form der Geländerfüllung sowie auch die Querschnitte hat die Architektin mit der Bauherrin fest gelegt.

Literatur:

Baustilkunde, Wilfried Koch, 1982 Mosaik Verlag GmbH, München

Lexikon der Weltarchitektur, München, Prestel 1992

Wikipedia

 

Verfasser:

Wolfgang Diehl 2017