Treppen heben

Heben von 3 Holztreppen

Treppen im Frankfurt am Main sind bis etwar 1940 in Holz gebaut worden auch in
4 – 6 geschossigen Wohngebäude. Treppenunterkonstruktionen in Stahl oder Stahlbeton waren die Ausnahmen. Die elegante Linienführung ist von erstaunlicher Eleganz und Leichtigkeit geprägt.

Ansicht Gebäude

Ansicht Gebäude

Die Mängel oder Schäden, die sich heute zeigen, sind selten den Konstrukteuren und Erbbauern anzulasten – sonst hätten sich diese Treppenanlagen nicht so lange als dauerhaft erwiesen.

Häufige Schadensursachen sind Verformungen der Treppenhauswänden. Klimaveränderungen in den Treppenhäuser, durch die ständige Bezeigung der Wohnungen erwärmt sich auch das Treppenhaus, ein nachtrocknen des Holzes ist in diesen Fall unumgänglich, besonders wenn die Freiwangen nicht an den Geschossdecken angebunden sind und 4 – 5 Treppen übereinanderstehen.
In diesem Bericht werden 3 Treppenanlagen von verschiedenen Liegenschaften, die aufgrund von Verformungen saniert und in ihre ursprüngliche Lage gesetzt werden mussten.

a. Vogtstr. 36, Frankfurt
b. Darmstädter Landstr. 21, Frankfurt
c. Bornwiesenweg 18, Frankfurt

a. Vogtstr. 36 Baujahr: 1913

Schadensbilder

Die Treppenanlage verbindet 4 Stockwerke miteinander. Es handelt sich um eine ½ gewendelte Treppe. Jeder Treppenlauf endet am Austrittspodest, das einen durchgehenden Balken als Auflager hat.

Unzureichende Verzahnung im Mauerwerk hat zu Rissen an der Treppenhausstirnwand mit der Nach-barwand geführt.

Die Stufen vor und nach dem Krümmling, also die breitesten Stufen, sind bei der Treppe 3 und 4 kom-plett aus der Ausstemmung gerutscht.

13 Jahren zuvor wurden die Stufenoberseiten mit PVC belegt. Die damaligen Handwerker schenkten diesen Schäden – dem Herausrutschen der Stufen aus den Wangen – keine Beachtung. Somit war von der Stufenoberseite nicht zu erkennen, dass die Treppe auseinander driftet.

Die Treppen sind nicht mit Treppenschrauben als Spannstab zwischen Wand und Freiwange ausgestattet dies war im Rhein-Main-Gebiet von altersher nicht üblich.

Das Abrutschen der Stufen aus den Wangen ist auf das Abdriften des Mauerwerks zurückzuführen. Die Ursache, das die Stufen bzw. die Treppe sich in der Wendlung um bis zu 5 cm geneigt haben, ist im Auflager der Treppe zu finden.

Die Krümmlinge im Wendelbereich des Austrittes sind nicht sorgfältig mit dem Deckenbalken befestigt bzw. fehlt das Widerlager, dies war zu dieser Zeit nicht üblich.
Die Austrittsstufe jeder Treppe ist zugleich auch die Nullstufe am Antritt. Die Stufe ist in den Krümmliung eingestemmt und liegt auf dem Deckenbalken. Dieser trägt somit die große Last aus den Freiwangen, über die Biegung quer zur Faserrichtung über die Stufen zu dem Podest, quasi als Kragarme. Dursch das fehlende Wiederlager neigt sich die Stufe. Dies hat dann in der Wendelung die doppelte oder dreifache Auswirkung.

Grundriss Vogtstraße

Grundriss Vogtstraße

Anschluss Treppe an Podest. Die Distanz von 2 cm ist die Schwachstelle und Ursache für die Neigung.

Anschluss Treppe an Podest. Die Distanz von 2 cm ist die Schwachstelle und Ursache für die Neigung.

Stufen, die aus der Ausstemmung der Wangen herausrutschten

Stufen, die aus der Ausstemmung der Wangen herausrutschten

Mauerabriss

Mauerabriss

 

b. Darmstädter Landstr. 21 Baujahr: 1892

Bei der Treppenanlage handelt es sich um 4 x ½gewendelte Treppe mit einem angeschnittenen An- bzw. Austrittspodest an jedem Stockwerk. Ein durchgehender Balken unter dem Podest ist nicht vor-handen. In diesem Fall stehen die Freiwangen der vier Treppen übereinander.

In der Wendlung des 4. Laufes haben sich die Stufen zur Freiseite hin um 65 mm geneigt.

Das Podest im 3. Stock hat sich um 45 mm geneigt.

Die Stufen vor den Wendlungen waren um etwar 15 mm aus der Ausstemmung gerutscht.

Es waren keine Treppenschrauben und keine Kropfschrauben, zwischen Wangen und Krümmling eingebaut.

Grundriss Darmstäter Landstraße

Grundriss Darmstäter Landstraße

Blick ins Treppenauge

Blick ins Treppenauge

Podestunterzug

Podestunterzug

c. Bornwiesenweg 18 Baujahr 1911

Es handelt sich bei der Treppenanlage um 4 x ¾ gewendelte Treppen mit Eckpodest am Austritt. Die Freiwangen von vier Treppenläufen stehen in der Freiseite aufeinander.

An der Treppenhauswand zur Stirnseite ist das Mauerwerkgefüge zur Nachbargrenzwand abgerissen.

Die Trittstufen weisen ein zur Innenwange hin verlaufendes Gefälle über die Geschosse stetig anstei-gend auf, im 4.OG bis maximal 5 cm.

Die Eckstufen zwischen der Stirnwand und der Gebäudetrennwand sind aufgerissen.

Die Tritt – und Setzstufen sind im 4. OG aus der Einstemmung mit den Freiwangen um 8 – 14 mm herausgezogen.

An einigen Stössen zwischen Wange und Krümmlingen sind auf der Unterseite Flacheisen aufge-schraubt, um ein Auseinandertriften der Stöße zu verhindern.

 

Grundriss Bornwiesenstraße

Grundriss Bornwiesenstraße

Neigung der Treppe, 55 mm auf 80 cm

Neigung der Treppe, 55 mm auf 80 cm

Sanierungsablauf:
a) Heben: Von Unten nach Oben

Die Treppen werden von Unten nach Oben einzeln angehoben

Die Treppen werden von Unten nach Oben einzeln angehoben

b) Ausleimen: Von Oben nach Unten

 

Das Ausleimen der Risse und Krümmlingsstöße

Das Ausleimen der Risse und Krümmlingsstöße

 

  1. Treppe anheben und ausrichten: Die Kopfschrauben an den Krümmlingen werden gelöst und Sprießen von Treppe zu Treppe gestellt. Die oberste Treppe wird zuerst langsam angehoben und etwas überhöht, gegebenenfalls sind die Läufe darunter in ihre Ist – Lage sanft abzuspriessen. Dabei öffnet sich der Wangen-Krümmlingstoße.
  2. Mit Spanngurten werden die Stufen in ihre ursprüngliche Lage der Einstemmung gedrückt bzw. muss auch kräftig mit einem Vorschlaghammer nachgeholfen.
  3. Lassen sich keine Spanngurte um die Treppe schlingen, muss waagrecht zur gegenüberliegende Wand Spriessen gegenüber die Freiwange gesetzt werden, nachdem die Wandwangen zur Wand hin solide hinterlegt sind. Das verkeilen gegen die Treppenraumwände sollte mit Gefühl geschehen, das sie nicht eingedrückt werden, im Zweifelsfall sollten unterlag Kanthölzer hinter die Sprießen gelegt werden.
  4. Sind die Stufen in ihre ursprüngliche Stellung geschlupft, werden diese mit den Wangen vernagelt oder es werden Treppenschrauben gesetzt.
  5. Die Spalte zwischen Krümmlinge und Wange werden ausgekeilt bzw. Holzstücke eingeleimt.
  6. Die Gegenlagerpunkte vom Krümmling zum Deckenbalken im Wendebereich des Aus- und Antrit-tes müssen unterlegt und gesichert werden.
  7. Danach werden die Kropfschrauben wieder gespannt und die Treppe abgesenkt. Es bedarf etwas Fingerspitzengefühl und Erfahrung, um wieviel eine Treppe überhöht werden muss, damit die Stu-fen beim Absenken in der Waagrechten verbleiben.
  8. Die geleimten Holzstücke zwischen Wange und Krümmling werden mit den Wangen plangeschliffen und die Profile von den Wagen eingearbeitet.
  9. Mit etwas Fingerspitzengefühl ist dann auch noch die Oberflächenbehandlung an den ausgebesserten Teilen zu restaurieren.
    Bei der Treppenanlage b Darmstädter Landstrasse, wurden unter den Podesten Unterzüge eingezogen.

Bei der Treppenanlage C Bornwiesenweg, wurden zusätzlich Treppenschrauben zwischen Wand- und Freiwange Eingezogen, so das die Treppe dadurch eine räumliche Aussteifung erhält. Da hier 4 Freiwangen übereinander stehen.

Die Treppen werden weitere 100 Jahre stehen können.

Verfasser: Wolfgang Diehl (2008)