Holz

Es gibt kaum einen anderen Stoff als Holz, mit dem wir Menschen so sehr in unserer Geschichte verbunden sind. Dieser Stoff hat uns geprägt und wir haben es gestaltet und verwandelt. In der Wiege haben wir den ersten Kontakt mit Holz, im Sarg den letzten! Holz umgibt uns in unendlich vielen Variationen: sei es der Wald, der sowohl mystische wie auch heilende Wirkung auf den Menschen hat, seien es Gebäude, Einrichtung und Möbel.

Abb. 1: Wohnhaus, Saas Fee, Schweiz

Wohnhaus, Saas Fee, Schweiz

Abb. 2: Fachwerkhäuser in Büdingen/Hessen

 Fachwerkhäuser in Büdingen/Hessen

Holz besteht aus Cellulose und Lignin, es enthält zudem Harze, Fette, Öle, Stärke, Zucker, verschiedene Mineral-, Gerb- und Farbstoffe sowie Alkaloide. An den Jahresringen ist die Lebensgeschichte des Baumes dokumentiert – fette und magere Jahre sind erkennbar, damit ist die Klimageschichte der Erde bzw. der Region einge-schrieben. Holz „arbeitet“ solange es existiert, auch nach dem Fällen; es reagiert auf Feuchte durch Quellen und Schwinden.
Es gibt ca. 60.000 verschiedene Holzarten. Sie können leicht oder schwer, weich oder hart, dicht oder porös sein. Wenn Holz bearbeitet wird, entstehen eine Vielfalt von Formen und Strukturen. Das Farbspektrum kann zurückhaltend oder dominant wirken.
Holz war bis zur einsetzenden Industrialisierung Anfang des 19. Jh. ein wichtiger Grundstoff für den Bau von Gebäuden, Schiffen und Brücken.
Holz strahlt als Brennmaterial Wärme aus, kann aber auch schnell außer Kontrolle geraten wie z.B. bei Stadtbränden in den letzten Jahrhunderten.
Im Konstruktionsbau war Holz über Jahrtausende der einzige Baustoff, aus dem sich stabförmige Bauteile herstellen ließen, die es ermög-lichten, weitgespannte Decken und Dächer zu konstruieren.
Derzeit werden jährlich ca. drei Milliarden Kubikmeter Holz weltweit geschlagen. Etwa die Hälfte davon wird als Brennholz verwendet.

In Deutschland sind 32,5 % der Fläche mit Wald bedeckt (Stand 2007), mit zunehmender Tendenz. Hessen als waldreichstes Bundesland liegt mit 42% Waldfläche an der Spitze der Bundesländer. Davon werden ca. 1,5% geerntet. Rund 40% des jährlichen Zuwachses bleibt ungenutzt.

Abb. 3: Der Mensch, das Holz und das Feuer – eine uralte Geschichte.

 Der Mensch, das Holz und das Feuer – eine uralte Geschichte.

Ungebändigtes Feuer hat den Menschen schon viel Leid zufügt.
Deutschland liegt auf Platz 6 der größten Treibhausgasverursacher der Welt hinter USA, China, Russland, Japan, und Indien. Wir verursachen derzeit ca. 900 Millionen Tonnen CO2 im Jahr. 8,25% werden durch den Forst und Holz sofort absorbiert, dies sind 73 Millionen Tonnen im Jahr.
Etwa 23 % Landfläche der Erde ist mit Wald bedeckt, wovon etwa die Hälfte in temperierten Klimazonen und in Tropen sowie Subtropen wachsen. Davon fallen ca. 5 % auf Plantagen mit zunehmender Tendenz.
Ungefähr 59 % des jährlichen Holzeinschlags werden in Plantagen gewonnen. Deren bedeutendste Hölzer sind Teak und Mahagoni.
Im Urwald wird durch den Abbauprozess der abgestorbenen Bäume ebenso viel CO2 freigesetzt, wie durch die nachwachsenden Bäume wieder gebunden wird. Ein Naturwald ist in dieser Hinsicht weniger umweltfreundlich als ein nachhaltig genutzter Wirtschaftswald. C02 ist ein wichtiger Pflanzennährstoff und verbessert das Wachstum.
Holzwerkstoffe
Um 1850 entwickelte man Holzschälanlagen, um Furniere herzustellen.
1893 begann man das geschälte Holzschichtweise zu verleimen – dies war der Beginn des Sperrholzerzeugung.
1906 hat Otto Hetzer ein Patent zur Lamellenverleimung von Holzbauteilen eingereicht (die heutigen Holzleimbinder). Schon zur Weltausstellung 1910 in Brüssel erhielt er den Auftrag, eine Eisenbahnhalle mit einer Spannweite von 43 m zu bauen.

Um 1920 begann man Spanplatten und Holzfaserplatten herzustellen – dies war eine Weiterentwicklung der Faserungstechnik, die man zur Papierherstellung einsetzte. Hiermit konnte früher angefallenes Restholz verarbeitet werden.
Im Verlauf der Technisierung wurde Holz von anderen Materialien abgelöst: Der Fachwerkhausbau kam nach dem Ersten Weltkrieg weitgehend zum Erliegen, die Wohnhäuser wurden seit der Gründerzeit hauptsächlich in Steinbauweise hergestellt. Holz von Eisenbahnschwellen wurde durch Beton ersetzt. Telegraphenmasten wurden zuerst aus Eisen, später aus Stahl gebaut. Mit Stahlträger konnten große Spannweiten überwunden werden wie z.B. im Brücken- und Hallenbau. Mit Stahlbeton konnte beliebig geformt und auch große Spannweiten überwunden werden.
Der Architekt Richard Döcker sagte bereits 1927, dass Holz kaum noch Einfluss auf die Entwicklung der Moderne nimmt. Einen absoluten Tiefpunkt erreichte die Holzverwendung in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Mit der Nostalgiewelle wurde eine goldene Zukunft vorausgesagt; die Menschen konnten und wollten sich nicht mit der neuen Architektur identifizieren, die beim gesichtslosen Massenwohnungsbau oft aus Beton bestand. Holz besonders Eichenholz möglichst in rustikaler Ausführung, war wieder der Baustoff, der die Herzen höher schlagen ließ. Die Holzleimbin- derherstellung war ausgereift, es konnten gerade und gebogene Holzbinder mit großen Spannweiten hergestellt werden. Leimbinder wurde ein gefragtes Material für den Bau von Sporthallen, Schwimmbäder, Reithallen usw., oft auch mit einer Holzverkleidung für Fassaden.

 

Abb. 4: ca. 1.200 jährige Eiche, Mecklenburg Vorpommern

 ca. 1.200 jährige Eiche, Mecklenburg Vorpommern

Abb. 5: Ein ca. 2.000 jährige Kauribaum, Neuseeland

 Ein ca. 2.000 jährige Kauribaum, Neuseeland

Die Weltausstellung in Hannover im Jahre 2000 hatte das Motto „Mensch, Natur und Technik“, 80 Staaten nahmen daran teil. Die Veranstalter hatten den Anspruch, eine Weltausstellung neuen Typs zu schaffen. Holz stand im Vordergrund, es wurde eines der größten Holzdächer gebaut. Das sogenannte Expodach hat eine Größe von 16.000 m2 in über 20 m Höhe. Das Dach besteht aus einzeln stehenden Schirmen mit einer Dachfläche von ca. 40 x 40 m Seitenlänge.

Abb. 6: Expodach, Hannover Ständer des Daches

 Expodach, Hannover Ständer des Daches

Abb. 7: Expodach, Hannover

 Expodach, Hannover 2000

Beim Wohnungsbau sind Gebäude bis zu fünf Stockwerken (< 13 m Höhe ) im Holzrahmenbau möglich. Seit 1990 hat sich der Anteil der Holzhäuser im Neubau verdoppelt. Er hat einen Marktanteil von 20 % in Süddeutschland einschließlich Hessen erreicht.

Zusammenfassung im Treppenbau
Nach dem 30jährigen Krieg (1618 – 1648), in dem 3/4 der Bevölkerung in Deutschland ihr Leben ließen und somit auch viel Wissen verloren ging, musste unter anderem auch das Holzhandwerk von vorne beginnen. Treppen wurden weitgehend in aufgesattelter Ausführung mit dicken Dimensionen gebaut. Anfang des 18. Jahrhunderts, zurzeit des Barocks, gewann das Handwerk wieder mehr an Erfahrung, da die Bautätigkeit rasant zunahm. Es entstanden Bürgerhäuser mit gestemmten Treppen. Man lernte, gewendelte Treppen zu bauen, anfänglich mit Eckpfosten in den Wendlungen, dann mit gekröpften Pfosten und schließlich mit Krümmlingen an Wangen und Handläufen, so wie es heute noch im gehobenen Treppenbau der Fall ist. Die Dimension war anfänglich sehr kräftig, im Laufe der Zeit wurden sie schlanker. In der zweiten Jahrhunderthälfte – die Zeit des Rokokos – wurden kunstvolle Anfangspfosten geschnitzt und in der Form sehr ausgewogene Geländerstäbe sowie ausdrucksstarke Handläufe erstellt.

In der Zeit des Klassizismus ließen die Schnitzereien nach, die Wangen und Geländer wurden farblich angelegt, meist in Weiß. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Geländer handwerklich hergestellt. Gedrechselte Geländerstäbe, „Traljen“ genannt, wurden in der Regel antiken Säulen nachempfunden. Mit Zapfen sind diese in Wangen und Handlauf eingelassen und mit Holznägeln gesichert. Mit dem Einzug der Industrialisierung im Drechslerhandwerk entstanden neue Formen und die Geländerstäbe wurden nur noch eingebohrt.
Im Jugendstil setzte man oft senkrechte Leisten in die Geländerfüllung, die mit Quersprossen versehen waren. Man gestaltete auch Geländer- füllungen mit vertikalen und horizontalen Leisten, so dass quadratische oder rechteckige Öffnungen entstanden, in der Steigung wurden sie zum Rhombus oder Rhomboid. Die Anregung entlieh man dem japanischen Stil.

Bis hin zum Zweiten Weltkrieg wurden die Geländer schlichter. Die Bauhausbewegung hatte ihre Spuren der Nüchternheit hinterlassen.
Nach 1945 änderten sich in ganz Deutschland die Bauvorschriften. Holztreppen wurden nur noch für zwei Familienhäuser zugelassen. Der traditionelle Holztreppenbau kam in den 60iger und Anfang der 70iger Jahre weitgehend zum Erliegen. Mit dem Einsetzen der Nostalgiewelle lernten die Menschen wieder den Wert des Holzes zu schätzen. Die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts standen im Zeichen des Holzes. Merkwürdigerweise entwickelte sich von 1975 bis 1990 der Treppenbau im handwerklichen Bereich sowie es zur Zeit des Barocks, Rokoko und Klassizismus war, erst kräftig dimensioniert mit aufgesattelten Stufen, dann gestemmte Treppen.
Im Jahr 1985 war die Nachfrage nach sichtbaren Holtflächen Holz wurde farbig gestaltet. In den 90er Jahren wurde wieder mehr Stahl bzw. Edelstahl eingesetzt, weil dieser erschwinglicher wurde. Ähnlich war es auch im 19. Jahrhundert, als gusseiserne Treppen eine marktbeherrschende Stellung einnahm.

Abb. 8: Rotes Haus, Monschau, 1751

 Rotes Haus, Monschau, 1751

 

Abb. 9: Faltwerktreppe 1999

 Faltwerktreppe 1999

Allerdings kam dem Holztreppenbau in den 90er Jahren zugute, dass neue Materialien und Formen auf den Markt kamen. Geländerfüllungen in Glas waren üblich geworden, nun kamen Stufen aus Glas hinzu. Auf Anregung von Designern und Architekten entwickelten Handwerker Faltwerktreppen, deren Nachfrage ungebrochen anhält. Auch Blockstufentreppen stehen hoch im Kurs.

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Faltwerktreppe in geräuchertem Eichenholz mit einem Glasgeländer 2008

Eine weitere Entwicklung ist erkennbar: Betonfertigteile sind in bester Güte erschwinglich und werden gerne als Unterkonstruktion, nicht zuletzt aus Schallschutzgründen, gewählt und mit Holzstufen in gefalteter Form belegt.
Ein Großteil der deutschen Bevölkerung hat oft Probleme, sich mit neuen Materialien und Formen auseinander zu setzten. Die Diskussionen über Stufen aus Glas und Faltwerktreppen halten immer noch an.

Verfasser: Wolfgang Diehl (2008)