Die Firma „Kenngott Treppen“ aus Heilbronn meldete 1957 eine Bolzentreppe zum Patent an. Dies war eine Treppe ohne Wangen bzw. Holme. Bei dieser Art von Treppe übernehmen die Bolzen zwischen den Stufen die Tragfähigkeit der Treppenkonstruktion. Wandseitig lagern die Stufen zusätzlich auf Stahlanker, die in die Wand eingebunden sind.
Zu dieser Zeit fertigte die „Firma Kenngott“ Treppen vorrangig Stufen in Stein. Ab den 1970er Jahren wünschten die Kunden Stufen aus Holz.
Trittstufen aus Stein
Trittstufen aus Stein
Die Trittstufen bestehen aus Buchenholz
Tragbolzen
Ein Spannungs- und Durchbiegungsnachweis bzw. Nachweis der Einleitung der Bolzenkräfte in die Trittstufen ist in der Regel nach DIN 1052 nicht möglich. Deshalb benötigen solche Treppen eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung.
Tragbolzen in Edelstahl
Der Tragbolzen und die Stufe müssen als biegesteifes Element konstruiert sein. Bei einer Stufendicke kleiner als 50 mm werden Bolzen verwendet, die auf der Oberseite eine Kontermöglichkeit haben. Die darunter liegende Stufe wird von dem Bolzen mittels einem 12 mm dicken Gewindestift geklemmt. Werden keine standardisierten Bolzen verwendet, so kann die Funktion auch durch einen Gewindestab von 20 mm Ø erfüllt werden. Dieser sollte der Festigkeitsklasse 5,8 entsprechen und mit einer Hohlhülse von mindestens 50 mm Ø als Distanzstück versehen sein. Eine Hülse von 33 mm mit einer U-Scheibe von 50/4 mm ist auch möglich. In die Unterseite des Gewindestabes wird ein Gewindestift eingedreht, um die untere Stufe zu kontern.
Das Einklebeteil bzw. die Gewindehülse hat eine Länge von 46 mm. Dieses Teil wird mit einem Zweikomponentenkleber oder Polyurethankleber befestigt, auch eine Rampa Muffe der gleichen Länge ist möglich.
Wandseitige befestigung
Eine wandseitige Einstemmung der Stufen in eine Holzwange ist eine sichere Methode der Wandbefestigung. Bei starker Belastung ist ein Verdrehen der Stufen nicht ausgeschlossen. Werden Tragbolzen auf der Wandseite verwendet, so muß jede Stufe durch einen Wand-anker der auf der unteren Rückseite der Stufe plaziert und eingemörtelt ist, gesichert werden. Gummi oder Kunststoffe zwischen Anker und Stufen mindern die Trittschallübertragung in das Mauerwerk. Die zu befestigende Schraube mit Mutter muß schalltechnisch von dem Wandanker getrennt sein. Die Länge des Ankers beträgt ca. 260 mm, die Breite 25 mm die Höhe 15 mm, die Bohrung 13 mm.
Stufendicke
Die Stufendicke ist abhängig von der Länge der Freiseite. Aus Erfahrung sind folgende Querschnitte für Stufen empfehlenswert:
Gerade Treppe: 7 cm
¼ gewendelte Treppe: 6 cm
½ gewendelte Treppe: 5,5 cm
Nehmen wir ein Beispiel: Eine Raumhöhe von 300 cm und 16 Steigungen ergeben bei einer geraden Treppe 400 cm Grundlänge – in diesen Fall beträgt die Steigungslänge 490 cm.
Bei einer ½ gewendelten Treppe ist die Grundlänge 225 cm und die Länge der Steigung 385 cm.
Bolzentreppe mit Wandbolzen
Im Zuge der Modernisierung wurde eine Treppenkonstruktion gewählt, bei der die tragenden Teile auf das Nötigste reduziert sind. Die Entscheidung fiel auf Tragbolzen, welche in verschiedenen Formen und Abmessungen im Handel erhältlich sind. Hierbei handelt es sich um einen Tragbolzen mit einer oberen Abdeckschraube, die sich zwischen die Stufen spannt und auf der Stufenoberseite eine Sechskantschraube aufweist.
Der Holzwerkstoff Parallam ist eigentlich ein konstruktiver Baustoff, ein Ersatz für Bauholz und Leimbinder. Es weist eine konstruktive Rohdichte von 690 kg/m³ auf. Um dieses Material für den Innenausbau „hoffähig“ zu machen, bedarf es einer Korrektur der Oberfläche. Im Rohzustand finden sich einige Fehlstellen. Diese Löcher können mit einem Gemisch aus Schleifstaub und Bindemittel geschlossen werden. Nach einem weiteren Zwischenschliff kann die Oberfläche endbehandelt werden.
Die Bolzen auf der Freiseite bestehen aus einem Gewindestab von 20 mm Durchmesser und einer entsprechenden Gewindemuffe, die in die Stufe eingeklebt wird. Ein 12 mm starker Gewindestift ist in den Gewindestab eingedreht und kann somit die untere Stufe tragen. Als Verkleidung des Gewindestabes dient ein 33 mm dickes Edelstahlrohr. Das mit einer Unterlegscheibe von 50 mm Aussendurchmesser verscheißt ist. Auf der Stufenunterseite wird mit einer Abdeckmutter M 12 die
Stufe verspannt.
Schnitt Wand-Stufe-Bolzen
1 Gewindehülse eingeklebt
2 Gewindestab Ø 20 mm
3 Edelstahlrohr Ø 33,7/2 mm
4 U-Scheibe Ø 55/4 mm
5 Gewindestift Ø 12/1,5 mm
6 Hülsenmutter mit Rundkopf
7 Stufe 55 mm
8 Edelstahl-Bolzen Ø 18 mm
Bei dieser Konstruktion sollte man auf zwei Elemente unbedingt achten:
Bei der horizontalen Wandanbindung dieser Konstruktionsart sind die Bolzen in die Trittstufen eingeklebt und in die Wand eingemörtelt. Somit wird der Trittschall direkt in die Wand übertragen.
Treppen, die auf der Freiseite durch vertikalen Stahlbolzen getragen werden, haben eine abwechslungsreiche Geschichte hinter sich.
Im 18. Jahrhundert wurde in England Gußeisen einige Zeit später auch Schmiedeeisen in großen Mengen hergestellt und mit dem aufkommenden Ingenieurwesen und der damit verbundenen Möglichkeit, Baukonstruktionen und Materialien zu berechnen, nahm das technische Zeitalter seinen Lauf.
Historisches Beispiel
Auch der Treppenbau blieb davon nicht verschont. Baumeister Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) hat seine erste Eisentreppe auf Kap Arkona/Rügen in einem Leuchtturm eingebaut. Im oberen Teil zur Turmspitze wählte er eine Spindeltreppe, die auf der Außenseite mit Bolzen verbunden war. Zum Ende des 19. Jahrhunderts gab es in den neuen Bundesländern drei Industriehersteller von Gußeisentreppen, die in einer mehr und auch weniger aufgelösten Konstruktion produziert wurden. Es sprachen damals zwei Argumente gegen solch eine aufgelöste Konstruktion, bei der die Stufen zum Teil in Gitterform gefertigt wurden: einerseits das Schamgefühl der Damen, die damals noch Röcke trugen, andererseits das Wertigkeitsgefühl des Stahles, der als ein nacktes Material angesehen wurde. Somit nahm unter anderem das technische Zeitalter ein Ende. Die sogenannte Gründerzeit nahm wieder Dekorationsformen auf, die man aus der Gotik und dem Barock kannte.
Es verging mehr als ein halbes Jahrhundert, bis man sich wieder der Konstruktion annahm, diese technisch verfeinerte, so dass sich die Auflösung auf zwei Materialien begrenzte: Trittstufe und Bolzen.
Literatur:
Der Kenngott ISBN 3-927033-030
Scala, Wolfgang Diehl Bruderverlag 2002
Moderne Treppen, Wolfgang Diehl 2008
Verfasser: Wolfgang Diehl 2016