Justizbauten
Das Gerichtsverfassungsgesetz.
Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 14. April 1871 schrieb für alle Bundesstaaten eine gemeinsame Gesetzgebung über das gerichtliche Verfahren vor. Am 27. Januar 1877 konnte das Gerichtsverfassungsgesetz publiziert werden und trat am 1. Oktober 1879 in Kraft. Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit beginnt mit der untersten Instanz dem Amtsgericht, Landgericht und Oberlandesgericht als letzte Instanz der Länder. Der Sitz des Reichsgericht war damals Leipzig
Justizpalast, München
Den deutschen Höhepunkt dieser Entwicklung erreicht der Münchner Justizpalast im Stil des Neobarocks. »Beim Zusammenfassen der Zentralhalle mit der Haupttreppe lag der Wunsch nahe, den Ansprüchen eines leicht übersichtlichen und möglichst bequemen Verkehrs nach allen Geschossen gerecht zu werden. Zu einer wenig begangenen Prachttreppe, durch welche das I. und II. Obergeschoss bevorzugt wäre, lag dem Architekt keine Veranlassung vor. Auch glaubte er, kein Bedürfnis nach kleinen Nebentreppen für den inneren Verkehr entdecken zu können, und ist der Ansicht, dass die wenigen großen Treppen dem lebhaften Verkehr dienen werden«.
Westlicher Treppenaufgang in der Zentralhalle
Laufbreite 296 cm, Steigungsverhältnis 13/36 cm,
1 Arm= 19 Stufen,
eine Treppenanlagenseite besteht aus 12 Arme= 228 Stufen+3 Diverenztreppen mit je 8 Stufen 252 Stufen
Steht man vor diesem Treppenantritt so ist man von der „Macht des Rechts“ überwältigt. Gleichzeitig erkennt man, ob arm oder reich, adlig oder aus einfachen Verhältnissen stammend, die gleichen Treppen benutzt werden müssen – sowie auch bereits im 19. Jhd. die Gleichheit vor dem Gesetz grundsätzlich gesichert war.
Mit dem Bau des Gebäudes und auch der Treppenanlage hat von Thiersch die Egalité des Volkes vollkommen umgesetzt.
Zentralhalle und die Treppenanlagen mit 504 Stufen
Bauherr: Königreich Bayern (1886–1912)
Architekt: Friedrich von Thiersch (1852-1921)
Bauzeit: 1890- 1897
Laufbreite: 296 cm
Steigungsverhältnis: 13/36 cm
Ein Treppenlauf: 38 Stufen
Gesamte Treppenanlage: 504 Stufen
Am 22. Februar 1943 fand in diesem Saal vor dem Volksgerichtshof, unter dem Vorsitz von Roland Freisler, der erste Prozess gegen Mitglieder der Weißen Rose statt. Sophie und Hans Scholl hatten am 18. Februar 1943 am frühen Morgen Flugblätter, in denen zum Widerstand gegen Hitler und das NS-Regime aufgerufen wurde, in der Münchner Ludwig – Maximilian – Universität verteilt. Vom Hausmeister beobachtet, bei der Gestapo denunziert und verhaftet, wurden am 22. Februar um 12.45 Uhr die Todesurteile verkündet und Sophie und Hans Scholl, sowie ihr Weggefährte Christoph Probst um 17.00 Uhr des gleichen Tages im Gefängnis München-Stadelheim durch das Fallbeil hingerichtet.
Hans Scholl, 24 Jahre, Sophie Scholl, 21 Jahre, Christoph Probst, 24 Jahre
Reichsgerichtsgebäude, Leipzig
Das im Neorenaissacsestil erbaute Gebäude hat Ähnlichkeit mit dem Reichstaggebäude in Berlin.
Von 1879 bis 1945 war das Reichsgericht in Leipzig ansässig und für den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuständige Oberste Gerichtshof im Deutschen Reich. Es war zuständig für Zivil-und Strafrechtspflege, die in den unteren Instanzen von den Amts-, Land- und Oberlandesgerichten ausgeübt wurde.
Am 27. Januar 1877 wurde das Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz erlassen und am 1. Oktober 1879 traten die Reichsjustizgesetze in Kraft.
Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört, von 1952-1997 diente es als Heimstatt für das Museum der bildenden Künste und ist nach jahrelangen Umbauten seit 2002 Sitz des Bundesverwaltungsgerichts.
Anders als die Treppe im Königlich Bayerischen Obersten Landesgericht in München (Justitzpalast), lässt der Architekt Ludwig Hoffmann die Haupttreppe seitlich der Zentralhalle errichten. Vier weitere Treppen sollten den Besucherstrom kanalisieren
Diese Art Treppe nennt man, Verdoppelung einer Dreiarmigen Treppe
Architekt: Ludwig Hoffmann (1852-1932) + Peter Dybwad (1859-1921)
Bauzeit: 1888-1895
Steigungsverhältnis: 15/34,5 cm
Laufbreite: 282 cm
Steigungen: 1.Arm 18 Stufen, 2.Arm 4 Stufen 3. Arm 17 Stufen
Literatur:
Treppen der Welt, Friedrich Mielke, Konstein 2011
Geschichte der deutschen Treppen, Berlin-München 1966
Wikipedia
Verfasser: Wolfgang Diehl 2016