Glas wird im Alltagsleben z.B. als Trinkgefäße, Flaschen, Fensterglas, Fernsehscheiben, Glühlampen, Glasfaserkabel, Glaswolle, optische Gläser wie Linsen, Mikroskope und Ferngläser benutzt.
Glas ist ein amorpher nicht kristalliner Farbstoff. Gewöhnlich wird Glas durch Schmelzen erzeugt. Gebrauchsglas hat eine Rohdichte von ca. 2.500 kg/m3 und ist somit ebenso schwer wie Beton. Die mecha- nischen Eigenschaften variieren stark. Die Bruchfestigkeit ist abhängig von der Qualität der Oberfläche. Glas ist weitgehend resistent gegen Chemikalien außer Flusssäure.
Geschichtliche Entwicklung
Glas zählt zu den ältesten Werkstoffen der Menschheit. In einem Schiffswrack wurden Glasbarren gefunden, die man auf das 14. Jh. v. Chr. datierte. Die erste bekannte Rezeptur ist aus der Bibliothek des assyrischen Königs Assurbanipal überliefert, die auf ca. 650 v. Chr. datiert wird: Nimm 60 Teile Sand, 180 Teile Asche aus Meerespflan- zen und 5 Teile Kreide und du erhältst Glas.
Die Ägypter fertigen das Glas mit Flusssand und Natron. Seit etwa 2770 v. Chr. stellten sie anfänglich Perlen und Schmuck, später auch Glasgefäße her. Die Römer schätzten die geruchsneutralen Trinkgefäße. Sie stellten die ersten Flachgläser her, die sie in ihren Bauten als Fenster verwendeten. Mit dem Zerfall des römischen Reiches ging auch die Kunst der Glasfertigung zurück. Die venezianischen Glaskünstler verhalfen ihrem Staat zu großem Reichtum.
Im 13. Jahrhundert wurde Deutschland zu einem der in der Glasherstellung führenden Länder. Das Glas wurde mit der Glasmacher-Pfeife mühevoll mit dem Mund zu Hohlkörpern geblasen, die dann aufgetrennt und zu Scheiben geglättet wurden. Seit 1330 wurden Rauten und Butzenscheiben mit einem Durchmesser von 10 – 15 cm hergestellt, die dann in Blei gefasst wurden und Verwendung in Kirchen fanden.
1688 wurde von einem Franzosen das Walzenglasverfahren erfunden. Geschmolzenes Glas wird in diesem Fall auf den Walztisch gegossen, verteilt und schließlich gewalzt. Es entstand eine ungleichmäßige, oft blinde Oberfläche. Mit aufwendigem kalten Polieren erzielte man Spiegelglas.
Im 19. Jh. entstanden zahlreiche Gebäude in einer Eisenskelettbau- weise und einer Glaseindeckung. Unter anderem entstand in London zur Weltausstellung 1851 der Kristallpalast mit einer Größe von 540 x 140 m. Das Eisengerüst wurde mit Glasscheiben geschlossen.
Palmengarteneingang in Frankfurt/M.
Glasfachschule Rheinbach, bestehend aus Glaswänden
(Arch. Hieber+ Marquardt, Stuttgart, Detail 3/2000)
Um die Jahrtausendwende hat die Glasfachschule Rheinbach einen Pavillion für Seminare und Kongresse gebaut, deren Wände aus Glas bestehen. Sie tragen nicht nur die Last des 500 m2 großen Daches, sondern sie nehmen auch durch die über Eck gestellten Wände die Aussteifung in Längs- und Querrichtung auf.
Die Wände mit einem Maß von 1,25 x 3,70 m setzten sich aus zwei äußere TVG-Scheiben und einer in der Mitte liegende ESG-Scheibe zusammen. Verbindungsschuhe in Edelstahl halten die Scheiben oben und unten und leiten die Last des 28 Tonnen schweren Daches in die Bodenplatte ab.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in verschiedenen Herstellungsverfahren Flachglas hergestellt, z.B., gelang 1919 Max Bicheroux die Gussglasherstellung. Die flüssige Glasmasse wurde zwischen gekühlten Walzen zu einem Glasband geformt, im noch erwärmten Zustand zu Tafeln geschnitten und in Öfen abgekühlt. Mit diesem Verfahren er- reichte man Scheibengrößen von 3 x 6 m. Spiegelglas musste geschliffen und poliert werden.
Das geflößte Glas „Float Glas“ wurde erstmals von Pilkington um 1960 hergestellt. Mit diesem Verfahren, bei dem das Glas auf eine vollkommen ebene Fläche aus geschmolzenem Zinn gelegt wird, entstehen Glasscheiben, die die Qualität polierten Glases erreichen. Die Weiter- entwicklung der Floatglas-Herstellungstechnik in den letzten 20 Jahren hat die übrigen Verfahren weitgehend verdrängt.
Gemenge für Fensterglas kann z.B. sein:
Deutsche Bank Hauptverwaltung, Baujahr 1979-1984
Gebäude mit einer vollständig verglasten Außenhaut. Ein Beispiel für viele derartiger Fassaden,
die Ende des letzten Jahrhunderts entstanden.
Treppen mit Glasstufen
1953 auf der Automobilausstellung in Frankfurt a.M. hat der Architekt Rambald von Steinbüchel-Rheinwall für eine zweigeschossige Besprechungskoje der Sekuritwerke eine Treppe mit gläsernen Trittstufen und gläsernem, Geländer, jedoch mit einer Leichtmetall-Tragkonstruktion gebaut.
1960 hat die Firma Rosenthal-Studio an der Königsallee in Düsseldorf eine aufsehend erregende Treppe gebaut. Die Treppe verbindet zwei Verkaufsräume miteinander und besteht vollkommen aus Plexiglas. Den Architekten Ernst und Günter Huhn war es mit großem Aufwand gelungen, eine Treppe zu konstruieren, die laut Kritiken in Architektenzeitungen wie eine magische Erscheinung als ästhetisches Gebilde im Raum steht. Doch es gibt einen Spruch „man soll nie die Rechnung ohne den Wirt machen“, so ähnlich war es auch bei dieser preisgekrönten Treppe. Die Kundschaft nahm diese Treppe nicht an, vor allem bei Damen entwickelte sich ein Schamgefühl, eine Treppe zu steigen, die von allen Seiten durchsichtig wirkt. Dies war vergleichbar mit dem Phänomen 80 Jahre zuvor bei gußeisernen Treppen. Nach nicht allzu langer Zeit wurde diese Treppe entfernt. Mit Plexiglas wurden noch weitere Versuche im privaten Bereich unternommen, die zu keinem durchschlagenden Erfolg führten.
Im Laufe der 90er Jahre setzten sich Trittstufen aus Glas mehr und mehr durch, auch in öffentlichen Gebäuden ist es heute ein begehrtes Material. Das Ätzen des Glases ist nicht mehr nötig, Stufen bestehen in der Regel aus 3 Scheiben, die mit einer Folie verbunden sind, wobei eine der Folien mattiert ist.
Treppe mit Glasstufen und Stahlholme Baujahr 2012
Die Holme der Treppe bestehen aus Flachstahl 140/15 mm mit angeschweißten Konsolen von 100/15 mm, die winklig zum Holm stehen. Flachstahl in Edelstahl von 40/8 mm sind auf die Konsolen geschraubt, so dass die Glasplatten mit einem transparenten doppelseitigen Klebeband befestigt werden können.
Die Trittflächen der Glasstufen sind an der Vorderkante mit 6 mm breiten ätzenden Streifen versehen und der Benutzer kann so die Stufenvorderkante optisch besser erfassen.
Der Aufgang zur zweiten Ebene wurde so minimalistisch gehalten wie möglich, was sich in der Treppenbreite von 60 cm sowie der Linienführung, die dem derzeitigen Zeitgeist angepasst ist, widerspiegelt. Die Materialauswahl wurde auf das Nötigste beschränkt. Baujahr 2009
Empfohlenen Glasdicken für begehbare, 2-seitig aufliegend Gläser
Eine unverbindliche Orientierungshilfe bietet hier die kalkulatorische Glasdickenempfehlung des Herstellers SIGLA. Die hier genannten Formate wurden von SIGLA rechnerisch für eine Verkehrslast von 5 kN/m2 ermittelt. Die Berechnung erfolgte unter Anlehnung an DIN 1055. Es ist jedoch zu beachten, dass die empfohlenen Formate vom Glastyp abhängig sind und die genannten Werte ausschließlich nur für Personenlasten gelten.
Es ist zu berücksichtigen, dass bei den empfohlenen Glasformaten vom Hersteller keine Tests auf Stoßsicherheit und Resttragfähigkeit vorgenommen wurden. Durch Versuche oder Gutachten ist dies in der Regel nachzuweisen, wobei die jeweiligen Vorgaben der Baubehörde zu beachten sind.
Die von SIGLA ermittelten Glasdickenempfehlungen sind nur für intakte Gläser ohne Bohrungen oder Ausschnitte gültig. Daher sind auch die Kanten der Gläser vor Beschädigung oder Zerstörung zu schützen.
Technische Hinweise für Verbundsicherheitsglas:
Das Bauordnungsrecht unterscheidet zwischen geregelten und nicht geregelten Bauprodukten oder Bauarten. Bauprodukte gelten als nicht geregelt, wenn es für sie keine technischen Baubestimmungen oder allgemein anerkannten Regeln der Technik gibt oder wenn sie von den technischen Baubestimmungen im Wesentlichen abweichen. Wenn für nicht geregelte Bauprodukte oder Bauarten keine allgemeine baurechtliche Zulassungen bzw. ein allgemein baurechtliches Prüfzeugnis vorliegt oder wenn wesentliche Abweichungen von Zulassungen bzw. Prüfungen bestehen, ist für die Verwendung dieser Bauprodukte oder Bauarten eine Zustimmung im Einzelfall erforderlich.
Für die Beurteilung von Glasbauteilen, die planmäßig betreten werden sollen, wie z.B. Glasböden, Glastreppen oder Podestplatten aus Glas, existeiren keine technische Regeln. Zustimmungen im Einfall werden nur für mindestens dreischichtiges Verbundsicherheitsglas (VSG) mit zwei Zwischenschichten aus Polyvinyl-Butyral-Folien (PVC-Folien) erteilt. Die obere Scheibe des VSG wird als „Verschleißschicht“ oder „Deckscheibe“ betrachtet und darf bei der Bemessung nicht angesetzt werden. Ebenso darf rechnerisch keine Verbundwirkung angenommen werden.
Anforderungen an begehbare Verglasungen und Empfehlungen für das Zustimmungsverfahren findet man in den Mitteilungen des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt), in der Fassung März 2000 im Heft 2/2001. Diese Empfehlung ist bei den meisten Baubehörden Grundlage für die Zustimmung im Einzelfall. Eine Zustimmung im Einzelfall muss bei der obersten Baubehörde des jeweiligen Bundeslandes beantragt werden.
Deshalb sollte bereits in der Vorplanung unbedingt mit der jeweiligen Baubehörde Kontakt aufgenommen werden, um zu klären, ob und welche Bauvorschriften und/oder Prüfungen zu berücksichtigen sind.
Für begehbare Gläser benötigt man grundsätzlich:
> Einen rechnerischen Nachweis unter statischer Belastung für eine Verkehrslast und eine Eigenlast (Grundlagen: TRLV u. DIN 1055-3).
> Einen experimentellen Nachweis der Stoßsicherheit durch eine anerkannte Prüfstelle (Stoßkörper 40 kg).
> Einen experimentellen Nachweis der Resttragfähigkeit durch eine anerkannte Prüfstelle (i.d.R. 30 Minuten bis 50 % Verkehrslast).
Zu Produkten der SIGLA®TREP liegen die notwendigen Nachweise im Rahmen der geprüften Abmessungen bereits vor:
> Bei einer Vielzahl von Anwendungen ist (abhängig vom Bundesland) kein umständliches Baugenehmigungsverfahren erforderlich.
> Die Zustimmung der Baubehörde ist wie bisher erforderlich, wegen der erbrachten Nachweise u. Versuche jedoch wesentlich vereinfacht.
> Sollte ein Anwendungsfall durch die vielfältigen Prüfungen nicht abgedeckt werden, so bietet die Firma SIGLA®TREP die notwendige
. . Abwicklung zum Erwirken einer Zustimmung im Einzelfall an.
> Die Dickenberechnungen sind ausgelegt für eine Belastung von 500 kg/m2, d.h. für den öffentlichen Bereich. Sollte eine Treppe für die
. . Öffentlichkeit gefertigt werden, sollte in jedem Fall ein Glasstatiker hinzugezogen werden.
> Glasdicken für eine Belastung von 350 KN/m2, wie sie im Wohnungsbereich verlangt werden, liegen nicht vor.
Verfasser: Wolfgang Diehl (2008)