Klassizismus ~1755 – 1830

Die Architektur des Klassizismus orientierte sich an den römisch-griechischen Bauten der Antike.
Großen Einfluss auf die dem Klassizismus verpflichtete Architektur hatte der italienische Architekt Andrea Palladio (1508-1580). Er imitierte nicht pedantisch, sondern entwickelte einen eigenen Stil, der sich als Gegenbewegung zum ausufernden Barock und Rokoko verstand, die einfachen Grundformen und Ordnungen übernahm und in eine sehr disziplinierte, klar gegliederte Architektur umsetzte.
Seine vier Bücher sind für viele Generationen der Leitfaden für Architektur und Proportionen.
Der klassizistische Stil setzt sich in Deutschland ab etwa 1760 durch und ging annähernd ab 1830 mit dem aufstrebenden Bürgertum in das Biedermeier über.
Die bekanntesten Architekten der klassizistischen Stilepoche sind Karl Friedrich Schinkel/Berlin und Leo von Klenze/München.

Brandenburger Tor bei Nacht

Brandenburger Tor bei Nacht

 

Brandenburger Tor, Berlin

Brandenburger Tor, Berlin

Das Brandenburger Tor in Berlin steht im Ortsteil Mitte. Es wurde in den Jahren von 1788 bis 1791 auf Anweisung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. von Carl Gotthard Langhans errichtet. Langhans orientierte sich an den Propyläen (Vorhalle großer Tempel) auf der Athener Akropolis. Der Bau im frühklassizistischen Stil gehört architektonisch zum Typus der Triumphtore. Das Brandenburger Tor entspricht durch seine strengen Linien ganz der Zeit der rationalen Aufklärung.

 

Potsdam, Brandenburg
Aus der Serie „Deutsche Bürgerhaus“ kann man in der Doktorarbeit von Friedrich Mielke „ Das Bürgerhaus in Potsdam“ nachvollziehen, wie Ende 18. Jhd. – Anfang 19. Jhd. ein stilistischer Wechsel vollzogen wurde.
Der Krümmling, den man zu dieser Zeit schon beherrschte, ist in der Wendelung zu erkennen. Die Antrittspfosten, in rund oder eckig, mit Sockel oder Kopfabschluss und vor allem die Kannelierung sind identisch antiker Säulen.

Brandenburger str. 15 1733-40Brandenburgerstr. 26, Potsdam

Potsdam, Brandenburgerstr.15   Potsdam, Brandenburgerstr.26

Der überdimensional gefertigte Handlaufabschluss in gerader oder gespaltener Volute ist äußerst bemerkenswert.

Die Geländerstäbe, oder auch Traljen genannt, hatten zur Zeit des Barock und Rokoko ihren großen Durchbruch – Handwerker konnten sich wohl nur schwer von diesen liebgewonnen Geländerfüllung trennen.

.Schloss Wilhelmshöhe, Weißensteinflügel, Kassel

54b Kassel

Die frühklassizische Treppenanlage verbindet an zentraler Stelle die Stockwerke miteinander. Die Gerade zweiarmige Treppe mit Wendepodest verbindet drei Ebenen miteinander.

Der Weißensteinflügel von Schloss Wilhelmshöhe wurde 1786 – 1790 nach Entwürfen des Architekten Simon Louis du Ry, er galt als der Bedeutendster Architekt des Klassizismus.

Landgraf Wilhelm IX. erbaute es als sein Wohnschloss. Nach dem Sieg Napoléons übergab dieser das Schloss vorübergehend an den Westphalen-König Jérôme Bonaparte. Seit 1966 diente das Schloss den preußischen Königen und deutschen Kaiser als Sommerresidenz. Im II. Weltkrieg wurde dieser Flügel des Schlosses nicht zerstört.

Bauherr: Landgraf Wilhelm IX. (1743-1821)

Architekt: Simon Louis du Ry (1726-1799)

Bauzeit: 1786-1790

Treppe:  Eichenholz

Wangen: 7 cm dick

Stufen:   4,5 cm dick

Steigung: 17,4 cm

Auftritt: 28,5 cm

Das Geländer bestehend aus Eisen. Der Untergurt bestehend aus einem Flacheisen mit einem aufgesetzten Ringenband, das Mittelteil mit Flacheisen in Ellipsenform gebogen in einander versetzt und Rosetten in Messing an den Stoßwellen eingefügt. Das Zierband unter dem Handlauf in einer halben S. Form gibt der gesamt Gestaltung eine auflockernde Wirkung. Antrittspfosten in solch einer aufgelösten Form ist in diesem Baustil selten zu sehen.

54c Kassel

Das Stufenprofiel mit dem Wulst und dem umgekehrten stehenden Karnies an der Unterseite ist eine deutliche Abkehr von dem Jahrhundert langen ausgeführten Barocken Stufenprofiel.

Altes Rathaus, Feuchtwangen, Mittelfranken

Markgraf Karl Alexander von Ansbach-Brandenburg-Bayreut trat, da seine Ehen kinderlos geblieben waren 1791 in einemGeheimvertrag seine Fürstentümer an das Königreich Preusen ab. Als Entschädigung erhielt er eine jährliche Leibrente von 300 000 Gulden. Durch die neue preußische Organisation des Fürstentums erfolgte eine Trennungvon Verwaltung und Justiz. Ab 1. Januar 1806 wurde auf geheiß Napolions das Fürtstentum Ansbach-Bayreuth dem neuen Königreich Bayern angeschlossen.

Nach dem Ende der Napoleonischen Ära wurde im Jahr 1817 ein neues Rathaus gebaut.

Die Treppe verbindet drei Etagen mit einander

 

Die Form der Geländerfüllung ist entnommen aus dem Metallbereich. Jedes Geschoß hat 20 Stufen. Die Treppe verbindet drei Etagen miteinander.

Die Treppe im Stil der Zeit errichtet worden. Sie besteht aus drei geraden Läufen mit je zwei Eckpodesten. Das fein gegliederte Geländer verleiht der Gesamtheit der Treppenanlage eine Zusammengehörigkeit, auch ist der Handlauf mit seinem Griffprofil gut proportioniert.

Bedingt durch die Klimatisierung des Gebäudes ist das Holz nachgetrocknet und es haben sich Setzungsrisse an den Wangen- und Krümmlingsstößen gebildet.

Bauzeit: 1817
Laufbreite: 130 cm
Steigungsverhälnis: 16/30 cm

 

Auferstehungskirche, Arnsberg, Westfalen

Die Treppe zum Chor ist mit ornamentierten Bretter in der Geländerfüllung versehen

Die Treppe zum Chor ist mit ornamentierten Bretter in der Geländerfüllung versehen

Die zwischen 1822 und 1824 erbaute Kirche war der erste evangelische Kirchenbau der Stadt. Als 1803 das protestantische Hessen-Darmstadt das katholische Herzogtum Westfalen übernommen hatte, zogen viele Protestanten in die Stadt. Nach dem Übergang der Region an Preußen 1816 wünschte sich die evangelische Gemeinde ein eigenes Gotteshaus. Durch Zuzug neuer Bewohner rund um den Neumarkt, im sogenannten neuen „klassizistischen Viertel“, konnte 1822 Karl Friedrich Schinkel mit dem bau der Kirche beginnen. Gefördert von König Friedrich Wilhelm III. entstand ein klassizistischer Zentralbau in Form eines griechischen Kreuzes.

Gentzsches Treppenhaus, Schloss Weimar
Das vom Architekten Heinrich Gentz 1801 entworfene Treppenhaus mit der dorischer Säulenordnung ist dem Frühklassizismus zuzuordnen. Christian Friedrich Tieck hat das Treppenhaus mit Skulpturen ausgestattete. Möglicherweise ist das Treppenhaus 1803 fertig gestellt worden. Durch die Wirren der napoleonischen Kriege kam es öfters zu finanzielle Engpässe.
Eine solche Treppenanlage nennt man Verdoppelung vierarmiger Treppen, dabei ist unbedeutend ob zwei Antrittsarme in einen Austrittsarm übergehen, oder es besteht ein Antrittsarm der in zwei Austrittsarme übergehen. In unseren Fall ist die Durchfahrt unter dem Austrittsarm und Zwischenpodest.

4. Arm (Austrittsarm) Laufbreite 368 cm

4. Arm (Austrittsarm) Laufbreite 368 cm

Bauherr: Herzog Carl August von Sachsen Weimar
Bauzeit: 1801-1803
Architekt: Heinrich Gentz
Steigungen: gesamt 44
1.Arm: 10 Laufbreite 233 cm
2.Arm: 17 Laufbreite 233 cm
3.Arm: 7 Laufbreite 233 cm
4.Arm: 10 Laufbreite 368 cm
Stufen: 55 mm dick
Untertritt: 45 mm
Material: Eiche
Steigungsverhältnis: 18,5 / 30 cm

Zu sehen sind der 2-3-4 Arm mit der dorische Säulenanordnung. Die zwei Figuren stellen die antiken Gottheiten Diana und Merkur bzw. Athena und Bacchus dar.

Zu sehen sind der 2-3-4 Arm mit der dorische Säulenanordnung. Die zwei Figuren stellen die antiken Gottheiten Diana und Merkur bzw. Athena und Bacchus dar

Die Zeiten der großen lichtdurchfluteten riesigen Treppenhäuser, wie es in Barockschlössern üblich war, reduzierten die Architekten des Klassizismus auf ein dem Gebäude angepasstes Normalmaß. Ein neues Raumdenken setzte sich durch und beeinflusste von nun an die Planung sehr verschiedener Bauwerke. Die Treppen sind umgeben von schachtartigen Mauern, Fenster liegen sehr weit auseinander und mit weniger illusionistisch dargestellter Plafondmalerei, Stuck, hellen Farben und Spiegelverkleidungen wird klassizistische Raumkunst hergestellt, es entspricht mehr dem Denken der Zeit.

Literatur: Das Bürgerhauser in Potsdam, Friedrich Mielke, Tübingen 1972
Verfasser: Wolfgang Diehl 2015